Humboldt-Universität zu Berlin - Institut für Kulturwissenschaft

WS 2009/10

 
Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2009/2010
Prof. Dr. Wolfgang Schäffner 
 
 
VL Genese des analogen Codes I 
Die Vorlesung führt ein in eine der grundlegendsten Kultur- und Wissenstechniken Europas: die graphischen und geometrischen Operationen von Punkten und Linien sind Basisoperationen, aus denen drei Kulturtechniken Bild, Schrift und Zahl entwickelt werden und daher den Basiscode europäischen Wissens schlechthin darstellen, vergleichbar dem, was wir seit dem 20. Jahrhundert als digitale Wissensorganisation erleben. In diesem ersten Teil der Vorlesung geht es aus der Perspektive der Frühen Neuzeit um eine fundamentale Geometrisierung aller Kulturtechniken, die man als Einführung eines analogen Codes beschreiben kann. Dabei werden insbesondere zwei Richtungen verfolgt: Wie konnten die Euklidischen Elemente und deren geometrische Operationen über viele Jahrhunderte hinweg aus der Antike übertragen werden und welche Medien und Praktiken sind daran beteiligt? Wie kann dieses alte Wissen sich in der Frühen Neuzeit als derart innovativ erweisen, dass es in den unterschiedlichsten Wissensformen und kulturellen Praktiken implementiert wird? 
Mi 10-12 / DOR 24 1.101 / HU Moodle
 
UE Übertragung der Geometrie 
Die Übung begleitet die Vorlesung zur Genese des analogen Codes mit der Analyse historischer Materialien zur Geschichte und Theorie der Geometrie ausgehend von der antiken Gründungsphase der pythagoreischen und euklidischen Geometrie und deren unterschiedliche Übertragungsformen: Das ist einerseits eine extrem komplexe Textgeschichte von Übersetzungen und Kommentaren, andererseits die Geschichte von Instrumenten und Praktiken, die als Implementierung der geometrischen Operationen eine selbständige parallele Geschichte erfahren. Das Seminar widmet sich daher der Lektüre von Texten und Analyse von Objekten, um daran das Rätsel zu lösen, wie geometrische Operationen über Jahrhunderte hinweg relativ stabil übertragen werden konnten. 
Latein- und Griechisch-Kenntnisse sind hilfreich, aber nicht Voraussetzung. 
Di 09-12 / SO 22a 4.11
 
SE Projektemacher Lateinamerikas (16.–20. Jh.) 
Werner Herzogs Film „Fitzcarraldo“ (1982) präsentiert mit dem Projektemacher eine Figur, die eine fundamentale Dimension des europäischen Wissens und insbesondere des Wissenstransfers nach Lateinamerika verkörpert. Das Projekt der Neuen Welt weist mit den Unternehmern und Ingenieuren, die dafür ihre Projekte vorschlugen, Reichtümer verdienten oder sich ruinierten, eine spezifische Qualität des Wissens auf, in der sich technologische Innovation, Fiktion und Risiko in besonderer Weise miteinander verbinden. Die unzähligen nicht realisierten, aber auch die nicht fertig gestellten oder die zwar realisierten aber völlig nutzlosen Projekte zeigen den extrem fragilen Charakter eines Wissens, das in der Form einer Wette auf eine unbeweisbare Realisierung auftritt. Die wechselhafte Geschichte der Projektemacher soll von Columbus über Caboto, von den Jesuiten und Beamten der spanischen Krone bis zu den Projekten von Fitzcarraldo, Hopkins, Sarmiento oder Siemens insbesondere zur Einführung von Kommunikationstechnologien verfolgt werden, bei denen das Projektemachen als spezifische Herausforderung für das Wissen deutlich werden soll. 
Spanischkenntnisse sind erwünscht, aber nicht unbedingte Voraussetzung.
Di 12-14 / SO 22a 4.11 / HU Moodle 
 
SE Gestaltung & Wissen 
Das interdisziplinär orientierte Forschungsseminar untersucht neuere Ansätze, in denen sich die Frage von Design und Gestaltung mit der Wissensproduktion in unterschiedlichen Wissenschaften verbindet und in denen Gestaltung selbst als spezifische Wissensoperation reflektiert wird. In den Geistes-, Natur- und Technikwissenschaften hat sich in den letzten Jahren ein unterschiedliches Verhältnis zu den sog. Design-Wissenschaften entwickelt. Diesen Fragestellungen soll in exemplarischen Analysen nachgegangen werden mit dem Ziel der Entwicklung einer spezifischen Forschungsperspektive, wobei es insbesondere um die Experimentalisierung der Gestaltung als interdisziplinärer Plattform des Wissens geht. Das Seminar bezieht Teilnehmer verschiedener Disziplinen ein und versteht sich als Beitrag zur Verortung der Kulturwissenschaft im Feld des gegenwärtigen Wissens. 
Mi 18-22 / SO 22a 4.10 / HU Moodle 
 
 
Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2009/2010
Dr. Sandra Schramke 
 
 
SE Medienarchitekturen 
Aus der Wechselwirkung zwischen Wissenschaft, Technik und Ästhetik entstehen Multimedia-Architekturen. Mit dem Schwerpunkt auf dem für das 20. Jahrhundert typischen Zeitaspekt in der Architektur generierten sie einen neuen Typus. Sein Kennzeichen ist der relationale Raum, der im Gegensatz zur Vorstellung eines absoluten Raums die relative Lage der Körper im Raum beschreibt und den Menschen in Beziehung zur Raumstruktur setzt. An ausgewählten Fallbeispielen wie dem Philips Pavillon der Architekten bzw. Komponisten Le Corbusier, Iannis Xenakis und Edgard Varèse auf der Weltausstellung 1958 in Brüssel oder den Ausstellungspavillons der Architekten und Designer Charles und Ray Eames 1959 bis 1965 gehen wir im Seminar der Genese multimedialer Räume aus theoretischer und praktischer Sicht nach.
Wochenendblockseminar 15.01.-06.02.2010 / SO 22 4.10